Krankheit ist keineswegs nur Privatsache

Wie weit darf sich eine Führungskraft in das Privatleben eines Mitarbeiters einmischen? In einem Workshop mit Führungskräften in der vergangenen Woche wurde diese Frage mit großer Leidenschaft behandelt. Sie entstand aus der Auseinandersetzung darüber, wie man als Führungskraft mit einem Mitarbeiter umgehen kann, der immer wieder krank ist (mehr als 25%)

Konkreter: Darf ich als Führungskraft danach fragen, was der Mitarbeiter unternimmt, um gesund zu werden, um seine körperliche und geistige Fitness zu erhalten? Eine solche Frage zielt eindeutig auf Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit und darauf, zu erfahren, was der Mitarbeiter konkret neben Arztbesuchen und Medikamenteneinnahme unternimmt – wie z. B. Umstellung der Ernährung, Gymnastik, ausreichend Schlaf, Bewegung, sonstige sportliche Aktivitäten.

In dieser Diskussion wurde deutlich, dass die Führungskräfte diese Aktivitäten als „Privat“ bezeichnen und damit sich untersagten, hier nachzuhaken. Ich habe dagegen die These vertreten, dass der Mitarbeiter wohl nachweisen muss, dass er aktiv an seiner Gesundung arbeitet. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag: Der Mitarbeiter liefert Arbeitsleistung, das Unternehmen liefert als Ausgleich Gehalt. Daraus leitet sich der Anspruch des Unternehmens ab: Für 100% Gehalt erwarte ich 100% Leistung. Ein Mitarbeiter mit einer Krankenquote von durchschnittlich 25% in den vergangenen drei Jahren dürfte kaum 100% Leistung liefern.

Wenn die Führungskraft feststellt, dass der Mitarbeiter immer seltener in der Lage ist, die volle Arbeitsleistung zu liefern, ist sie gut beraten, sich einzumischen – auch wenn damit die Grenze zwischen Arbeits- und Privatleben aufgeweicht wird.